Einblicke in den Montageprozess eines Fanfilms
Filmediting ist eine der unterschätztesten Künste in der Filmproduktion. Niemand außerhalb der Editing-Bubble interessiert sich wirklich für den Schnitt – solange wie die Montage keine großen Wünsche mehr übrig lässt. Dann merken es alle. Ein guter Film ist nicht nur gut geschrieben, gespielt, inszeniert oder hat gutes Production Design und tolle Musik, am Ende ist er auch immer gut geschnitten.
Als ich an Mad Max – Hope and Glory gearbeitet habe, war mir von Anfang an klar, dass der Schnitt das unsichtbare Rückgrat der Geschichte sein würde. Jeder Moment, jede Reaktion, jeder Blick musste sorgfältig gewählt werden, um die Emotionen und Dynamiken in jeder Szene richtig zu transportieren. Aber das ist leichter gesagt als getan.
Ich hab den Schnitt übernommen als ein Teil bereits als Rohschnitt vorhanden war. Diesen habe ich zusammen mit Regisseur Erik van Schoor in DaVinci Resolve bis zum letzten Feinschliff gebracht.

Der Montageprozess – Entscheidungen und Herausforderungen
Die größte Herausforderung bestand darin, die Struktur des Films zu optimieren. Es ging nicht nur darum, „richtig“ zu schneiden, sondern darum, das Timing, die Spannung und die Erzählweise zu perfektionieren. Besonders bei den Action- und Dialogszenen war es entscheidend, wann eine Aktion und wann eine Reaktion gezeigt wird.
Gerade bei Hope und Max war die Frage: Wer treibt die Szene voran?
- Ist Hope zu fordernd?
- Ist Max zu passiv?
- Wie viel Geduld kann ich dem Publikum zumuten?
Manchmal musste ich radikal kürzen, weil eine Szene zu viele Beats hatte und dadurch langatmig und wiederholend wirkte. Andere Male musste ich Bilder verlängern oder hinzufügen, weil ein Moment nicht atmen konnte. Der Rhythmus jeder Szene war eine ständige Gratwanderung.
Ein großes Problem war das begrenzte Material. Einige Takes waren alternativlos, was die Flexibilität im Schnitt einschränkte. Besonders hart war das bei der Szene im Hangar („Who do we have here“), die am ersten Drehtag gedreht wurde. Vieles war schiefgelaufen, das Material war nicht ideal – und dennoch musste ich daraus eine funktionierende Szene bauen.

Von Rohschnitt zur finalen Fassung – Wie sich der Film veränderte
Ich habe mehrere Versionen geschnitten, faszinierend daran ist zu sehen, wie sich der Film im Prozess gewandelt hat. Ein Beispiel:
Erstes Treffen zwischen Max und Hope
In der Rohfassung war die Szene konfus, Hope macht ihr Angebot, Max reagiert darauf – dann wiederholt sich der gleiche Moment mit einer leicht anderen Betonung. Nachfolgende die Aktionen und Reaktionen in chronologischer Reihenfolge im Rohschnitt:
- Hope bietet Gasoline.
- Max wird aufmerksam
- Hope festig ihr Angebot.
- Max wills aber wissen und zieht seine Waffe um druck zu machen
- Hope fordert aber ihre Freiheit
- Max zögert und überlegt
- Hope bittet erneut um ihre Freiheit
- Max zögert und überlegt gefühlt endlos und entscheidet.
In der finalen Fassung habe ich das bereinigt:
- Hope ist zunächst erleichtert, dass Max ihr mit dem Messer nichts antut. Vor allem in der Nahen spürt man, dass sie aufgeregt ist. Sie bietet Gasoline als Gegenleistung.
- Max wird aufmerksam
- Hope festig ihr Angebot.
- Max ist unschlüssig, wills aber wissen und zieht seine Waffe um druck zu machen
- Hope fordert aber ihre Freiheit
- Max entscheidet
Das Ergebnis: Die Szene ist knackiger, emotional aufgeladen und vor allem nicht redundant.
Interessant ist auch mein erstes Gefühl, der neue Schnitt müsste deutlich kürzer sein, aber tatsächlich war die finale Version nur eine Sekunde kürzer als die Rohfassung. Die Sequenz ist also ein gutes Beispiel für den Unterschied zwischen Gefühl und Realität: Es geht nicht nur ums Kürzen, sondern um Präzision, bzw. einen feinen Umgang mit einzelnen Beats bzw. Aktionen und Reaktionen.
Action entsteht erst im Schnitt
Eine Kampfszene am Set ist erstmal nichts weiter als eine Choreografie – meistens sogar relativ langsam gespielt. Erst durch den Schnitt wird daraus eine echte Actionszene.
Zum Beispiel beim War Boy Fight habe ich gezielt Akzente gesetzt, um die Schläge wirkungsvoll zu machen. Hier ein paar Frames gekürzt, dort eine kleine Verzögerung eingefügt – und plötzlich hatte die Szene Wucht. Klingt relativ einfach, ist es aber nicht da für jeden Film eine individuelle Gestaltung gefunden werden muss. Natürlich gibt es die Filmsprache und gewisse Regeln, aber genau so wichtig ist es, Regeln zu brechen und die Montage individuel zu gestalten.
Besonders spannend war auch die Rettung von Glory, als sie in den Höhlen davonlaufen. Hier fehlte uns der entscheidende Take, um Max’s Sprung überzeugend zu erzählen. Die Lösung: VFX und clevere Kürzungen. Anstatt Glorys Bewegung komplett zu zeigen, ließ ich Teile davon in der Vorstellung des Publikums passieren. Manchmal ist das, was nicht gezeigt wird, genauso wichtig wie das, was dem Publikum gezeigt wird. Das gilt es heraus zu arbeiten.
Emotionen und Figuren im Schnitt formen
Ein Film lebt nicht nur von seinen Actionszenen – oft sind es die ruhigen, emotionalen Momente, die eine Geschichte tragen. Gerade hier entscheidet der Schnitt, wie intensiv eine Szene wirkt. Jeder Blick, jede Reaktion erzählt etwas, aber zu viele Blicke können schnell zu viel Information liefern und die Szene überfrachten. Zu wenige wiederum lassen sie leer und unpersönlich wirken. Es galt also, das richtige Maß zu finden.
Ein besonders kniffliges Beispiel war die Krankenhausszene. Das Material, das mir zur Verfügung stand, enthielt nicht alle gewünschten Reaktionen von Max. Seine Emotionen sollten klar transportiert werden, doch die Takes als ganzes boten nicht das passende. Ich begann damit, Reaktionen aus verschiedenen Takes zusammenzuklauben, um seine emotionale Entwicklung nachvollziehbarer zu gestalten. Aber das allein reichte nicht. Also ging ich noch einen Schritt weiter: Ich suchte nach Momenten vor dem „Bitte“ und nach dem „Cut“, also in den Abschnitten, die normalerweise nicht im Film landen. Diese kleinen, ungenutzten Momente waren für Hope & Glory Gold wert. Durch diese Methode konnte ich authentischere Reaktionen einbauen und Max’ Gedankenwelt deutlicher machen.
Das Ergebnis: Die Szene wurde nicht nur emotionaler, sondern auch natürlicher. Die Reaktionen wirkten nicht mehr gespielt oder inszeniert, sondern organischer. Dieser Prozess zeigt, wie viel Einfluss ein:e Editor:in hat, was das Publikum am Ende fühlt – selbst wenn, und meist sind es nur minimale Anpassungen.
Die Welt erzählen – nicht nur den Dialog
Filme bestehen nicht nur aus Figuren und Dialogen – sie sind auch visuelle Erzählungen. Beim Schneiden stellte ich mir oft Fragen wie:
- Wer steht wo in der Szene?
- Wie reagieren die Umstehenden?
- Wer lacht wann?
Das wurde besonders bei der Hangarszene wichtig. Ich musste darauf achten, dass sich die Gesamtkomposition der Szene stimmig anfühlte. Es ging nicht nur darum, dass die Protagonisten sprechen – ich wollte, dass die Welt um sie herum lebendig wirkt.
Ein Beispiel für eine bewusste Umstellung: Die „Todes-Tuch“-Szene, wie Hope das Tuch von dem Gefallenen der Überbliebenden übergibt habe ich von einer Position nach der Map-Max-Szene an deren Anfang verschoben. Das hat die Erzählung und vor allem den Filmfluss logischer und flüssiger gemacht.
Fazit – Schnitt als geheime Waffe
Der Schnitt ist die unsichtbare Kunst der Filmproduktion. Er kann eine gute Performance verstärken oder eine schlechte retten. Er kann die Story klarer erzählen oder sie unverständlich machen.
Bei Mad Max – Hope and Glory habe ich immer wieder gemerkt: Der Schnitt entscheidet, ob eine Szene funktioniert oder nicht.
- Action braucht Rhythmus.
- Emotionen brauchen Raum.
- Timing ist alles.
Besonders geholfen hat mir, dass der Film größtenteils gut gedreht war. Natürlich lief am Set nicht immer alles perfekt, aber durch den Einsatz von Storyboards waren die Aufnahmen gut geplant und bestmöglichst umgesetzt.
Die meisten Zuschauer denken nie darüber nach, warum ein Film funktioniert – aber sie spüren es. Und genau das ist die Magie des Filmschnitts.
Über mich
Das bin ich, Wolfgang Wolman bei der Montage von Hope & Glory.

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